Ein von KI geschaffener Traum in Rosa wird in Saudi-Arabien zum Leben erweckt

UNESCO-Weltkulturerbe wird mit KI generierter Kunst bespielt

Ganz sicher ist man sich bei den Werken von Andrés Reisinger meist erst auf den zweiten Blick: Ist es eine von ihm erschaffene digitale Welt oder doch die etwas auf Hochglanz polierte Realität?

Bei seinem jüngsten Projekt «Take Over Jeddah» ist der Fall klar: Die Kulisse ist von der Realität gezeichnet. Das Werk spielt in den Strassen des gleichnamigen Stadtteils Jeddah, der sich in der Altstadt von Dschidda, Saudi-Arabien, befindet. Dort hat Reisinger eine physische Installation kreiert, die vorab mithilfe von künstlicher Intelligenz entstanden ist. Aus der digitalen, grenzenlosen Welt direkt in die geschichtsträchtigen Strassen der Altstadt von Dschidda.

Zu sehen ist die Installation «Take Over Jeddah» von Andrés Reisinger. Es sind rosa Stoffbahnen, die entlang eines Baugerüsts ein baufälliges Haus einfassen.

Die Installation «Take Over Jeddah» von Andrés Reisinger ist noch bis am 9. März 2024 im Rahmen der ersten Ausgabe von Balad Al-Fann, einer Kunst- und Kulturinitiative zu sehen.

Der Künstler und Designer will mit seiner 17 Meter hohen Installation eine Perspektive bieten, die Gegenwart und die Zukunft zu betrachten, ohne die Vergangenheit und die Tradition ausser Acht zu lassen.

Diese Schnittstelle zwischen gestern und morgen fasst Reisinger in seiner Installation auf, indem er eines der ockerfarbenen baufälligen Häuser in ein Baugerüst hüllt und darüber einen wehenden rosaroten Stoff stülpt. Der wie ein Kleid am Haus tanzt, vom Wind aufgepustet wird und das alles, ohne das Haus zu berühren. So lässt sich immer wieder einen Blick hinter die rosa Rüschen erhaschen. Was ein flüchtiger Einblick in die Vergangenheit bietet, symbolisiert durch das brüchige Haus.

«Es ist eine Hommage an die neue Energie, die das Universum durchströmt, an die Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit der Kulturen. In der Altstadt von Dschidda, wo die Geschichte über Jahrhunderte hinweg bewahrt wurde, steht das Werk als Symbol für die neuen Erzählungen, die die Kunst formulieren kann, um die Zukunft zu gestalten und gleichzeitig die Vergangenheit zu ehren», so Andrés Reisinger.

Es ist ein Tanz zwischen der traditionellen Altstadt mit ihren geschichtsträchtigen Häusern und der leichten Verspieltheit, die ihr der Künstler durch das temporäre Outfit verleiht.

«Take Over Jeddah» soll dem Stadtteil einen zeitgenössischen Ausdruck verleihen, dessen Geschichte bis ins 7. Jahrhundert zurückreicht. Er ist seit langem ein Schmelztiegel der Kulturen. Davon zeugen auch die traditionelle Korallensteinarchitektur und die wuseligen Souks. 

Die rosa Stoffbahnen der Installation sind vom Wind aufgeblasen.

Luftig und leicht umhüllen die mit Rüschen gesäumten Stoffbahnen das traditionelle Korallensteinhaus in der Altstadt von Dschidda.

«Matters through Matter» soll das UNESCO-Weltkulturerbe wiederbeleben

 

«Take Over Jeddah» ist Teil der ersten Ausgabe von Balad Al-Fann, einer Kunst- und Kulturinitiative, die im Rahmen des Projekts «Matters through Matter» von Jumana Ghouth in Zusammenarbeit mit Graham Haman kuratiert wird.

Ziel dieses Projekts ist es, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte Viertel von Dschidda wiederzubeleben. Die Schafferinnen von «Matters through Matter» wollen den Stadtteil Jeddah zu einem kulturellen Zentrum verwandeln, dessen Besuch zu einem Must werden soll.

Balad Al-Fann feierte im Dezember 2023 Eröffnung mit unterschiedlichen Werken von lokalen und internationalen Künstlern. Unter dem Überthema «Past Forward» werden Themen wie Migration, Klimawandel, Kulturerbe und die transformative Kraft der Kunst behandelt.

Die Kunst- und Kulturinitiative kann noch bis am 9. März 2024 besucht werden. Mehr Informationen gibt es hier

Der Künstler und Designer Andrés Reisinger guckt mit einem Baustellenhelm auf dem Kopf, zwischen den Stoffbahnen seiner Installation «Take Over Jeddah» hervor.

Der Künstler und Designer Andrés Reisinger in seiner Installation «Take Over Jeddah».

Über Andrés Reisinger

 

Der 1990 geborene Argentinier gehört zu den gefragtesten digitalen Künstlern der Gegenwart. Mit seinen Werken schafft er es, die digitale mit der physischen Sphäre zu vereinen.

Die von ihm kreierten Welten sind farblich oft sanft anmutend, spielen mit Textur und entführen die Betrachterin in eine Welt, die ein wenig an den Film «Barbie» von Greta Gerwig erinnert. Seine Ästhetik verfügt über einen grossen Wiedererkennungswert und fordert die Betrachterin oft zu einem weiteren, genaueren Hinschauen auf, da nicht immer sofort klar ist, ob das Bild eine digitale oder eine reale Szenerie zeigt.

Reisinger gewann bereits zahlreiche Preise und Auszeichnungen: Eine davon ist die Ernennung zum Forbes «30 Under 30»-Künstler 2020. Neben seinem freien Schaffen hat er bereits mit namhaften Brands wie Audi, Dior Beauty und Gucci zusammengearbeitet.

Seine Werke waren in vielen internationalen Museen, wie Moco Museum (Barcelona, ES), Palazzo Strozzi (Florenz, IT), Faena Art (Miami, USA), MAK-Museum für Angewandte Kunst (Wien), Christie's (New York, USA), Vitra Design Museum (Weil am Rhein, DE), W1 Curates (London, UK) und vielen mehr zu sehen.